Ep. 37 - Anästhesie bei den Zeugen Jehovas
- norbertaeppli
- 6. Feb. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Hallo zusammen
Heute aus "aktuellem Anlass" (wir hatten letzte Woche einen Fall) die Beleuchtung des perioperativen Umgangs mit Zeugen Jehovas mit Fokus auf das Prämedikationsgespräch.
Sobald ein Eingriff auf der T+S Liste steht und somit potentiell eine Bluttransfusion nach sich ziehen könnte, soll mit den Patienten genau geklärt werden welche Produkte abgelehnt und welche in Ordnung sind. Zum Teil haben sie eine detaillierte Liste/Verfügung mit Erwähnung von diversen einzelnen Bestandteile wie Fibrinogen, Beriplex, einzelne Gerinnungsfaktoren, Albumin, Cellsaver-Einsatz. etc.
Sofern der Patient urteilsfähig ist, sind solche dokumentierte Patientenentscheide bindend. Allerdings darf man einen elektiven Eingriff ablehnen, sollte man nicht bereit sein ein entsprechendes Risiko/Dilemma zu tragen.
Hier ein Ausschnitt aus einer NDS-Diplomarbeit aus Basel: "Der Arzt ist zu medizinischer Versorgung verpflichtet, auch wenn er die ablehnende Haltung gegenüber Bluttransfusion seines Patienten vorgängig kennt. Die Verweigerung der Bluttransfusion durch einen Zeugen Jehovas führt dazu, dass die Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind, sie entbindet den Arzt jedoch nicht von der Behandlungspflicht. Anders ist die rechtliche Situation bei einem geplanten Eingriff: der Arzt darf die Behandlung eines Zeugen Jehovas, welcher keine lebensrettende Bluttransfusion wünscht, ablehnen (Schelling & Lippstreu, 2010; Stiftung kreuznacher diakonie, 2011).) Die Diplomarbeit ist im Anhang und sehr empfehlenswert.
Deshalb soll kommuniziert werden, dass für ein Elektiveingriff wir ein Team (versuchen zu) organisieren, welche ethisch/moralisch mit dem Dilemma, keine EC-Transfusion in einer relevanten Hämorrhagie zu verabreichen, kein Problem hat (ist eigentlich nie ein Problem im Tagesgeschäft). Ein Graubereich besteht bei einem Notfalleingriff und einer reduzierter Dienstmannschaft (Wochenende/nachts), in welcher eine Behandlungspflicht besteht, der Anästhesist allerdings moralisch nicht dazu bereit ist den Patienten an einer Hämorrhagie "versterben" zu lassen. So wie ich die Rechtslage verstehe, würde eine EC-Gabe in einer akuten Hämorrhagie einer Körperverletzung ohne Einverständnis entsprechen. Heisst eigentlich: ECs nicht erlaubt, Patient "dürfte" versterben (aus einzelnen Fallstudien mit blutenden Zeugen sind allerdings sehr niedrige Hb-Werte dokumentiert mit gutem Outcome). Ich muss das aber nochmals mit Alex besprechen, ob wir die Variante Notfall nachts wirklich so beim Prämedigespräch erwähnen sollen/müssen .
T+S würde ich trotzdem abnehmen, damit man bei einer Willensänderung alle Optionen offen hat.
Zudem soll bei einem elektiven Eingriff identisch wie beim Patient Blood Management die Möglichkeit einer Anämieoptimierung geprüft werden.
lg norbert
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